Nach dem 14. Wohnungsbau-Tag ist klar: Es ist gar nichts klar. Der Wohnungsmarkt steht auf der Kippe und eine Lösung der Politik ist nicht in Sicht.
Der Wohnungsmarkt steht am Kipp-Punkt, so lautet die deutliche Warnung des 14. Wohnungsbau-Tags an die Politik. Das Motto des Branchen-Gipfels ist gleichsam alarmierend: „Kann Deutschland noch bauen?“ Die düsteren Prognosen der Verbände scheinen darauf eine klare Antwort zu geben: Nein! Für das laufende Jahr werden drastische Rückgänge im Wohnungsneubau von bis zu 50 Prozent erwartet. Die Rahmenbedingungen sind herausfordernd – die Politik muss handeln, um dauerhafte Wohnungsknappheit in Deutschland zu verhindern.
Gestiegene Zinsen und Baukosten, steigende Miet- und Kaufpreise und zunehmende Investitionskosten, um den Gebäudebestand klimaneutral auszubauen, ergeben eine brisante Gemengelage, die den Wohnungsneubau sowohl bei Einfamilienhäusern als auch im Mehrfamilienhausbau einbrechen lassen. In den nächsten zwei Jahren wird mit bis zu 60 Prozent weniger Wohnungsbautätigkeit gerechnet; 43 Prozent der Wohnungsunternehmen planen 2023 ohne Neubau. Die beim Wohnungsbau-Tag vorgestellte Studie „Status und Prognose: So baut Deutschland – So wohnt Deutschland“ der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Wohnen (ARGE e.V.) weist anhand deutlicher Zahlen die Notwendigkeit einer dringenden Wohnbauoffensive, insbesondere im sozialen Wohnungsbau nach.
Nur mit zusätzlichen Mitteln könne es gelingen, 100.000 Sozialwohnungen pro Jahr neu zu bauen. „Die Ampel muss Farbe bekennen. Sie muss entschlossen in den Wohnungsneubau investieren. Zum aktuellen Krisenmanagement dieser Regierung gehört, dass eine komplett neue Finanzierung von Wohnraum ganz oben auf der Liste stehen muss“, so dass „Verbändebündnis Wohnen“, das die ARGE-Untersuchung in Auftrag gegeben hat. „Ohne ein drastisches Aufstocken der staatlichen Förderung und ohne ein deutliches Abspecken bei staatlichen Auflagen und Vorschriften ist der Wohnungsneubau in Deutschland nicht mehr machbar.“, lautet das ernüchternde Fazit des Verbändebündnisses. Der Aufbau eines Sondervermögens für Subventionsmittel in einer Höhe von ca. 15 Milliarden € pro Jahr ist die logische Konsequenz, um Sozialen Wohnraum im ausreichenden Maß zu realisieren.
Nun muss der aktive Dialog mit der Politik her, um dem Negativtrend im Wohnungsneubau etwas entgegenzusetzen. „Als Baustoffindustrie fordern wir langfristige Perspektiven und verlässliche Rahmenbedingungen von der Bundesregierung, damit Bauen sowohl klimaschonend als auch für alle bezahlbar und einfacher wird. Schon heute bangen viele Unternehmen aus der Bau- und Baustoffbranche um ihre Existenz, da enorme Investitionen für die deklarierten Klimaschutzziele notwendig sind. Wir brauchen vereinfachte und beschleunigte Verfahren, nachhaltige Förderprogramme und den Abbau von Hemmnissen im Wohnungsbau. Wir begrüßen ausdrücklich den Vorschlag des Bundeswirtschaftsministers Dr. Robert Habeck, die AfA zu erhöhen und zu verstetigen", so Jan Dietrich Radmacher, Vorstandsvorsitzender BV KSI.
„Jetzt ist es daher dringend notwendig, dass neben der konsequenten finanziellen Förderung, rasch Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigt und Bauordnungen harmonisiert werden. Ebenso fordern wir, die Vorteile des seriellen Bauens und regional verfügbarer Baustoffe auszuschöpfen. Unsere Branche erwartet dazu statt dogmatischer Materialvorgaben eine Technologieoffenheit, die für den zeitgemäßen Wohnungsbau unabdingbar ist.“, ergänzt Radmacher.
Wohnraumknappheit und fehlender Wohnungsbau werden zu einem gesamtgesellschaftlichen Problem mit folgenschweren Auswirkungen, wenn nicht jetzt politisch gegengesteuert wird. In Deutschland fehlen bereits 700.000 Wohnungen, was das soziale Miteinander gefährdet. Ausbleibende Bauaktivitäten führen zu Umsatzrückgängen in den zuarbeitenden Industrien. Gleichzeitig sieht sich die Baubranche mit hohen Investitionskosten konfrontiert, um ihre Produktionsstätten klimaneutral zu ertüchtigen und die Prozesse durch Digitalisierung zu optimieren. Dafür bedarf es neuer Fachkräfte, die wiederrum bezahlbare Wohnungen brauchen. Der fatale Kreislauf schließt sich.
Um diesen Zusammenbruch zu vermeiden und die Bedürfnisse der Menschen nach adäquatem Wohnraum zu erfüllen, sind Investitionen in den Wohnungsbau unerlässlich. Sie fördern nicht nur die wirtschaftliche Entwicklung und die Schaffung von Arbeitsplätzen, sondern tragen erheblich zur Verbesserung der Lebensqualität und des sozialen Zusammenhalts in unserer Gesellschaft bei.
Es ist unbestritten, dass zukunftsfähiger und sozialer Wohnungsbau an die gesetzten Klimaziele gekoppelt sein muss. Damit nicht ökologische gegen soziale Komponenten ausgespielt werden, müssen die Umweltauswirkungen des Wohnungsbaus berücksichtigt werden. Dazu muss die Bau- und Wohnungswirtschaft und auch die Baustoffindustrie so unterstützt werden, dass nachhaltige Bauweisen und der Einsatz erneuerbarer Energien in der Betriebs- und Erstellungsphase ermöglicht werden.
„Aufgrund seiner natürlichen, nachhaltigen und wirtschaftlich günstigen Eigenschaften ist Kalksandstein der Favorit im mehrgeschossigen Wohnungsbau. Unsere Industrie ist sich daher ihrer Verantwortung bewusst und wird in den kommenden Jahren maßgeblich dazu beitragen, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Dafür benötigt es allerdings eine zielgerechte politische Flankierung, vor allem nachhaltige Förderprogramme!“, so Roland Meißner, Geschäftsführer BV KSI.
„Das politische Forum beim Wohnungsbau-Tag hat die Brisanz des Themas Wohnungsbau gezeigt. Die Bundesregierung steht vor großen Herausforderungen in der Bau- und Wohnungspolitik. Die Kostenspirale dreht sich nach oben, der verfügbare Wohnraum wird immer knapper. Die angekündigten Maßnahmen müssen jetzt umgesetzt werden, um den prophezeiten Kipp-Punkt noch zu vermeiden“, resümiert Roland Meißner am Ende der Veranstaltung.
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