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„Mittelstand nicht durch Vergaberechts-Experimente gefährden!“
Die BAUVERBÄNDE.NRW warnen im Gespräch mit Ministerin Mona Neubaur vor den Gefahren bei einer Vergaberechts-Änderung.
Am Rande der Vorstandssitzung des Unternehmerverbandes Handwerk (UVH) trafen Rüdiger Otto, Präsident der BAUVERBÄNDE.NRW, und Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Baumann Mona Neubaur, Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie sowie stellvertretende Ministerpräsidentin des Landes Nordrhein-Westfalen, zu einem intensiven Austausch über die aktuellen Herausforderungen der Bauwirtschaft.
Beide begrüßten das von der Bundesregierung eingerichtete Sondervermögen Infrastruktur als wichtigen Schritt, um lange Zeit vernachlässigte Straßen, Brücken und Schienen zu modernisieren und den Ausbau von Trassen voranzutreiben.
Allerdings machten sie deutlich, dass die angekündigten 500 Milliarden Euro bereits heftige Verteilungskämpfe zwischen Kommunen, Ländern und Bund ausgelöst haben – ebenso wie Diskussionen darüber, was überhaupt zur Infrastruktur gezählt werden soll.
Mittel müssen investiv eingesetzt werden
Ein zentrales Anliegen war dabei die Forderung, dass die Mittel aus dem Sondervermögen ausschließlich investiv eingesetzt werden. „Die Gelder müssen konkret in den Ausbau der Infrastruktur fließen und dürfen nicht konsumtiv verpuffen“, betont Otto. Ministerin Neubaur sagte zu, sich für diese Forderung einzusetzen.
Gefahr der Zweckentfremdung des Sondervermögens
Zudem wiesen die BAUVERBÄNDE.NRW darauf hin, dass mit der Streichung des Begriffs „zusätzlich“ in der verabschiedeten Gesetzesfassung die reale Gefahr besteht, dass das Sondervermögen nicht als Zusatzimpuls wirkt. „Es darf nicht zur Finanzierung ohnehin geplanter Maßnahmen zweckentfremdet werden, sonst verliert es seine wirtschaftspolitische Wirkung“, so Dr. Baumann.
Neubaur unterstützte diese Einschätzung ausdrücklich: „Wenn die Bürgerinnen und Bürger keinen Unterschied zum jetzigen Zustand spüren, wird das Sondervermögen als riesiges Schuldenpaket wahrgenommen.“
Kritik an mittelstandsfeindlichen Vergabeansätzen
Sorgen bereitet der Bauwirtschaft in NRW auch, dass im Zuge des Sondervermögens Forderungen laut werden, das Vergaberecht grundlegend neu zu denken. So wird vermehrt vorgeschlagen, auf Funktionalausschreibungen oder Generalunternehmervergaben (GU-Vergaben) zu setzen. Damit würde der öffentliche Auftraggeber von der Pflicht entbunden, ein detailliertes Leistungsprogramm mit Leistungsverzeichnis zu erstellen – die planerischen Aufgaben würden an die ausführenden Betriebe delegiert. Dieses Vorgehen soll angeblich Zeit, Geld und Bürokratie sparen.
„Als BAUVERBÄNDE.NRW teilen wir diese Argumentation nicht uneingeschränkt,“ betonte Dr. Baumann im Gespräch. „Funktionalausschreibungen und GU-Vergaben sind mittelstandsfeindlich und führen häufig zum Ausschluss kleiner und mittelständischer Unternehmen. Dabei sind 99 % der heimischen Baubetriebe Betriebe mit weniger als 100 Mitarbeitenden. In ihnen arbeiten drei Viertel aller Beschäftigten und Auszubildenden – hier liegt die Wertschöpfung der deutschen Bauwirtschaft.“
Teil- und Fachlosvergabe muss Standard bleiben
Die BAUVERBÄNDE.NRW sprechen sich daher klar dafür aus, die mittelstandsfreundliche Teil- und Fachlosvergabe, wie sie der Gesetzgeber als Standard definiert hat, auch weiterhin konsequent anzuwenden. „Wir stellen uns nicht grundsätzlich gegen Funktionalausschreibungen,“ so Rüdiger Otto, „doch wir warnen davor, im Zuge des Sondervermögens einen Grundsatz aufzugeben, der für die Existenz hunderter Baubetriebe in NRW von entscheidender Bedeutung ist.“
Reformbedarf im Vergabewesen – aber mit Augenmaß
Gleichzeitig betonten Otto und Baumann die Bereitschaft der BAUVRBÄNDE.NRW, sich konstruktiv in die Debatte über eine Reform und Beschleunigung des öffentlichen Vergabewesens einzubringen. „Wir möchten auch diskutieren, wie Funktionalausschreibungen bei der Umsetzung des Sondervermögens helfen können – jedoch nicht zu Lasten der kleinen und mittleren Betriebe, die das Rückgrat unserer Branche bilden,“ so Baumann.
Positionspapier der BAUVERBÄNDE.NRW bundesweit im Umlauf
Die BAUVERBÄNDE.NRW haben zum Thema "Sondervermögen" ein eigenes Positionspapier aufgesetzt. In sechs Punkten wird hier konkret aufgezeigt, was nun zu tun ist. Das Positionspapier wurde bereits an die Bundesregierung sowie an weitere Bundestags- und Landtagsabgeordnete versandt.
Hier können Sie das Dokument herunterladen: Positionspapier "Sondervermögen"