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Vergütungsberechnung bei Leistungsänderungen nach der VOB/B
Das OLG Düsseldorf hat in seinem Urteil vom 27. März 2025 (Az.: 5 U 148/23) entschieden, dass die Mehr- und Minderkosten auch bei § 2 Abs. 5 VOB/B nach dem Maßstab der tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge zu ermitteln sind.
Die Parteien streiten über die restliche Vergütung aus einem Vertrag über Gleiserneuerungsarbeiten. Die Beklagte ist für den Betrieb, die Instandhaltung und Investitionen in das Schienennetz der A.-AG in Deutschland verantwortlich. Die Klägerin ist ein Unternehmen, das sich auf die Erstellung, den Umbau und die Erneuerung von Gleisanlagen spezialisiert hat.
Die Beklagte hat unter dem 10.04.2014 eine Gleisauswechselung einschließlich Planumsverbesserungen und die Erneuerung einer Weiche im offenen Verfahren europaweit ausgeschrieben. Die Vergabe sämtlicher Leistungen erfolgte im Verbund.
Die Klägerin hat die Arbeiten in der Zeit von Oktober 2014 bis März 2015 ausgeführt. Die Beklagte hat die Leistungen der Klägerin unter dem 20.04.2015 abgenommen.
Mit Schlussrechnung vom 3.3.2016 hat die Klägerin der Beklagten insgesamt (netto) 5.223.125,04 € in Rechnung gestellt. Unter Berücksichtigung bereits geleisteter Zahlungen weist die Rechnung einen noch offenen Betrag in Höhe von 3.352.388,39 € auf, den die Klägerin mit der Klage geltend gemacht hat.
Der Nachtrag 2 beinhaltet sonstige geänderte und zusätzliche Leistungen. Die Beklagte hat die Schlussrechnung der Klägerin mit Schreiben vom 12.05.2016 zurückgewiesen und jedwede weitere Zahlung verweigert.
Mit dem am 25.10.2023 verkündeten Urteil hat das Landgericht Duisburg die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 226.429,83 € nebst Zinsen zu zahlen und im Übrigen die Klage abgewiesen.
Aus den Gründen
Die insgesamt zulässige Berufung habe nur teilweise Erfolg. Der Klägerin stehe wegen der teilweise abweichend ausgeführten Absicherung der Strecke ein Anspruch aus § 2 Abs. 5 VOB/B 2012 zu. Der Anspruch besteht aber nur in Höhe von 48.260,23 €.
Hinsichtlich der Sicherung der Strecke liege eine Leistungsänderung aufgrund einer Anordnung der Beklagten vor. Eine nach § 2 Abs. 5 VOB/B vorrangig zu berücksichtigende Einigung auf einen neuen Preis erfolgte hier nicht.
Wie die Preisfindung bei fehlender Einigung der Parteien zu erfolgen habe, sei höchstrichterlich nicht entschieden. Allerdings habe der BGH Grundsätze zu der Preisfindung im Rahmen des wortgleichen § 2 Abs. 3 VOB/B aufgestellt. Könnten sich die Parteien nicht auf einen neuen Einheitspreis verständigen, so entscheide im Streitfall das angerufene Gericht. Es habe zu prüfen, ob der in Ansatz gebrachte Preis gerechtfertigt sei, wobei auch eine Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO möglich sei.
Abgesehen von der in § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B vorgesehenen Einigung auf einen neuen Einheitspreis könnten sich die Vertragsparteien sowohl bei Vertragsschluss als auch nachträglich über einzelne Teilelemente der Preisbildung verständigen. Sie könnten etwa einen bestimmten Maßstab bzw. einzelne Kriterien oder Faktoren festlegen, nach denen im konkreten Fall der neue Einheitspreis bestimmt werden solle. Hätten sich die Parteien nicht insgesamt oder im Hinblick auf einzelne Elemente der Preisbildung geeinigt, enthalte der Vertrag eine Lücke, die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zu schließen sei. Danach sei entscheidend, was die Vertragsparteien bei angemessener Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner vereinbart hätten, wenn sie den nicht geregelten Fall bedacht hätten. Zu fragen sei also, welchen Maßstab die Parteien zur Bestimmung des neuen Einheitspreises vertraglich zu Grunde gelegt hätten, wenn sie seinerzeit vorhergesehen hätten, dass sie sich nicht auf einen neuen Einheitspreis für die relevanten Mehrmengen einigen könnten. Dabei entspreche es der Redlichkeit und dem bestmöglichen Ausgleich der wechselseitigen Interessen, dass durch die unvorhergesehene Veränderung der auszuführenden Leistungen keine der Vertragsparteien eine Besser- oder Schlechterstellung erfahren solle. Die im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung vorzunehmende Abwägung der beiderseitigen Interessen der Parteien nach Treu und Glauben ergebe, dass – wenn nichts Anderes vereinbart sei – für die Bemessung des neuen Einheitspreises bei Mehrmengen im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B die tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge maßgeblich seien.
Damit folge der BGH jedenfalls für die leistungsabhängigen Kosten nicht der früher weitgehend vertretenen Ansicht der kalkulatorischen Preisfortschreibung. Vielmehr würden die Mehr- und Minderkosten nach dem Maßstab der tatsächlich erforderlichen Kosten ermittelt. Die von dem BGH entwickelten Grundsätze seien angesichts des vergleichbaren Wortlautes auf § 2 Abs. 5 VOB/B zu übertragen.
Den für die geänderte Leistung anzusetzenden Preis schätze der Senat auf 48.260,23 Euro. Der Senat könne unter Heranziehung von § 287 ZPO den Preis auf Basis der angefallenen Mehrkosten im Wege der Schätzung ermitteln.
Anmerkung
Die Entscheidung des OLG Düsseldorf bestätigt die Entwicklung in der Rechtsprechung einiger Oberlandesgerichte. Diese haben ebenfalls eine Berechnung geänderter Leistungen nach § 2 Abs. 5 VOB/B mangels anderweitiger Parteivereinbarung nach den tatsächlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge vorgenommen. Daher ist eine allgemeine Entwicklung in der Rechtsprechung einiger Oberlandesgerichte zu erkennen, bei § 2 Abs. 5 VOB/B nicht mehr die sog. Vorkalkulatorische Preisfortschreibung heranzuziehen, bei der auf Grundlage einer Fortschreibung der Preisbestandteile die Nachtragvergütung berechnet wurde. Bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung des Bundesgerichtshofs wird es jedoch ungeklärt bleiben, wie Nachtragvergütungen nach § 2 Abs. 5 VOB/B zu berechnen sind. Sofern Auftragnehmer – keine anderweitige Vereinbarung vorausgesetzt – ihre Nachtragsvergütung nach § 2 Abs. 5 VOB/B über die tatsächlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge abrechnen wollen, haben sie jedenfalls bereits aktuell mit Verweis auf die vorliegenden Urteile einiger Oberlandesgerichte gute Chancen, dass sich das angerufene Gericht dieser Berechnungsmethode anschließen wird. Rechtssicherheit wird es jedoch erst bei einer höchstrichterlichen Entscheidung des Bundesgerichtshofs geben.