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Wirtschafts- und Steuerrecht
Auch im Abnahmeprotokoll kann Frist
zur Gewährleistung verlängert werden
Die Verlängerung der Gewährleistungsfrist kann auch durch gegenseitige Unterzeichnung eines Abnahme-
protokolls erfolgen.
Sachverhalt frist abgelaufen war, machte die
für sämtliche Arbeiten nach Auftraggeberin Vorschuss auf
erfolgter Endabnahme der voraussichtliche Kosten der Män-
Eine Wohnungsbaugesellschaft vertraglich geschuldeten
beauftragte die Auftragnehmerin Leistungen gelbeseitigung geltend. Die Auf-
mit der Durchführung der erwei- tragnehmerin war der Auffassung,
terten Rohbauarbeiten für den 2. Für die Dachabdichtung und dass hinsichtlich der Mängel an
Neubau eines Mehrfamilienhau- die Gebäudetrennfugen der Fassade bereits Verjährung
ses. Die der Auftragnehmerin wird die Verjährungsfrist eingetreten sei, da von einer Ge-
währleistungsfrist von fünf Jahren
übertragenen Arbeiten umfassten für Mängelansprüche auf 10
insbesondere die Fassadenarbei- Jahre verlängert. Die Verjäh- auszugehen sei. Im Vertrag sei
ten mit Wärmedämmverbundsys- rung beginnt hierfür nach lediglich für die Dachabdichtung
und die Gebäudetrennfugen eine
tem und die Abdichtungsarbeiten. erfolgter Endabnahme der Verlängerung der Verjährung auf
Dem Bauvertrag lagen unter ande- vertraglich geschuldeten zehn Jahre vereinbart worden.
rem die VOB/B in der Fassung des Leistungen.“ Die Aufnahme des Satzes „verlän-
Jahres 2002 zugrunde. Dem Ab- gerte Gewährleistung für Dach,
schluss des Bauvertrages war ein 3. Im Übrigen richtet sich die Fassade und Gebäudetrennfugen:
Bietergespräch vorangegangen. In Gewährleistung nach § 13 30.04.2016“ ins Abnahmeproto-
diesem Gespräch verhandelten die VOB Teil B.“ koll habe nicht dazu geführt, dass
Parteien über eine Verlängerung hinsichtlich der Fassade eine Ver-
der Verjährungsfristen bei Män- In der Folgezeit führte die Auftrag- längerung der Verjährung auf zehn
gelansprüchen in Bezug auf Dach, nehmerin die ihr übertragenen Jahre vereinbart worden sei. Die
Fassade und Gebäudetrennfugen Arbeiten aus. Nach Durchführung Unterschrift der Auftragnehmerin
auf zehn Jahre. Mit anschlie- der Arbeiten fanden zum Zwecke auf dem Abnahmeprotokoll habe
ßendem Schreiben teilte das der Abnahme von Teilgewerken lediglich die Funktion, die Teil-
ausführende Unternehmen mit, drei verschiedene Begehungen nahme am Abnahmetermin und
dass zehn Jahre Gewährleistung statt. In der Folge vereinbarten die / oder die Kenntnis des Protokolls
lediglich für die Dachabdichtung Parteien, ein einheitliches Abnah- zu bestätigen. Die Auftragneh-
und Gebäudetrennfugen gewährt meprotokoll zu erstellen. Dieses merin habe bei Unterzeichnung
werden können. Der Bauvertrag wurde von dem ausführenden des Abnahmeprotokolls keinen
enthielt danach u.a. folgende Re- Unternehmen unterschrieben und rechtsgeschäftlichen Erklärungs-
gelungen: enthält folgende Formulierungen: willen gehabt, hinsichtlich der
Fassade die vereinbarte Gewähr-
„§ 8 Mängelansprüche „Gewährleistungsbeginn: leistungszeit von fünf auf zehn
01.05.2006, Gewährleistungsen- Jahre zu verlängern. Vielmehr sei
1. Die Verjährungsfrist für de: 30.04.2011, verlängerte der ursprüngliche Vertragsinhalt
Mängelansprüche beträgt Gewährleistung für Dach, Fas- versehentlich fehlerhaft in das
- abweichend von der VOB sade und Gebäudetrennfugen: Abnahmeprotokoll übernommen
Teil B für sämtliche auszu- 30.04.2016.“ worden und dies bei Unterzeich-
führenden Arbeiten mit nung übersehen worden.
Ausnahme der in Absatz 2 In der Folgezeit rügte die Auftrag-
genannten Leistungen 5 Jah- geberin eine Vielzahl von Mängeln Das Landgericht hatte erstinstanz-
re. Die Verjährung beginnt an der Fassade. Nachdem die lich die Klage der Auftraggeberin
gesetzte Mängelbeseitigungs- auf Kostenvorschuss wegen zwi-
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