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Wirtschafts- und Steuerrecht




            Leistungsänderungen  und  Än-     sein, dass die Auftragnehmerin    dem dafür erforderlichen Inhalt
            derungen  im  Bauablauf  nicht    die zusätzlich beauftragten Leis-  lässt sich jedoch laut OLG nicht
            geschuldet sei.                   tungen nicht innerhalb eines ein-  feststellen, jedenfalls nicht vor
                                              zelnen Tages erbringen konnte.    der tatsächlichen Fertigstellung
                   Aus den Gründen            Die vereinbarte Fertigstellungs-  der Leistungen durch die Auftrag-
                                              frist war nämlich einen Tag nach   nehmerin.
            Das Oberlandesgericht Bran-       der Vereinbarung über die Höhe
            denburg hat mit Urteil vom 9.     der Vergütung vorgesehen. Bei              Anmerkung
            November 2018 (Az: 4 U 49/16)     der  Änderung  von  Anordnun-
            entschieden, dass der Auftragge-  gen betreffend das geschuldete    Ob und wieweit die Entscheidung
            berin ein zur Aufrechnung gestell-  Vertragssoll handelt es sich um   des OLG Brandenburg zur Verwir-
            ter Gegenanspruch auf Zahlung     im Verantwortungsbereich des      kung der Vertragsstrafe wegen
            der vereinbarten Vertragsstrafe   Auftraggebers liegende Umstän-    fehlenden Verschuldens auch auf
            nicht zusteht. Die Strafe für die   de, so das OLG Brandenburg. Da-  andere Fallgestaltungen übertra-
            Überschreitung  des  (Gesamt-)    rauf, ob die Auftragnehmerin die   gen werden kann, bleibt fraglich.
            Fertigstellungstermins  stelle    vereinbarte Fertigstellungsfrist   Vorliegend bestand die Beson-
            nach der Vertragsgestaltung eine   auch aufgrund anderer nicht im   derheit, dass einen Tag nach
            eigenständige Regelung dar, die   Verantwortungsbereich der Auf-    Freigabe des Nachtragsangebots
            einer eigenen Inhaltskontrolle    traggeberin liegender Umstände    der Höhe nach der vertraglich
            unterzogen werden könne. Iso-     nicht eingehalten hätte, komme    vereinbarte Fertigstellungstermin
            liert betrachtet, halte die Klausel,   es insoweit nicht an.        war. Folglich war dem Auftrag-
            soweit sie an die Überschreitung                                    geber bekannt, dass bei einer
            des  (Gesamt-)Fertigstellungs-    Für den geltend gemachten Ver-    Verzögerung  der  Freigabe  des
            termins anknüpft, einer solchen   tragsstrafenanspruch spiele es    Nachtragsangebots eine Einhal-
            Kontrolle  stand.  Die  Höhe  der   auch keine Rolle, dass die Auf-  tung des Fertigstellungstermins
            Vertragsstrafe von 0,2 Prozent    tragnehmerin eine Behinderung     nicht (mehr) möglich war. Auf
            je Kalendertag ist ebenso unbe-   wegen der Erteilung des Nach-     diesen Umstand stellt auch das
            denklich wie die Anknüpfung an    tragsauftrags  nicht  angezeigt   Gericht ab.
            die  Bruttoauftragssumme  ein-    hat. Das Unterlassen einer Be-
            schließlich Nachträgen, zumal der   hinderungsanzeige ändert nichts   Im Hinblick auf die Höhe einer
            Gesamtbetrag auf fünf Prozent     daran, dass die Auftragnehmerin   wirksamen  Vertragsstrafenre-
            der Bruttoauftragssumme ein-      sich auf die infolge des Nach-    gelung  gibt  es  in  der  Recht-
            schließlich Nachträgen begrenzt   tragsauftrags eingetretene Ver-   sprechung kein einheitliches
            ist, so das OLG Brandenburg.      längerung der Fertigstellungsfrist   Meinungsbild, ob diese Regelung
                                              im Hinblick auf die Verwirkung    auch an die Bruttoauftragssum-
            Die Auftragnehmerin habe die      der  Vertragsstrafe  jedenfalls   me geknüpft werden kann. Das
            Vertragsstrafe jedoch nicht ver-  unter dem Gesichtspunkt fehlen-   OLG Brandenburg stellt insoweit
            wirkt. Zwar habe sie die verein-  den Verschuldens berufen kann,    klar, dass bezogen auf den Ge-
            barte Fertigstellungsfrist über-  meinte das OLG klarstellend.      samtfertigstellungstermin eine
            schritten.  Jedoch  konnte  die                                     Vertragsstrafenregelung in Form
            Auftragnehmerin den ursprüng-     War aber mit dem zunächst ver-    von Allgemeinen Geschäftsbedin-
            lich vereinbarten Fertigstellungs-  einbarten Fertigstellungstermin   gungen nicht zu beanstanden ist,
            termin schon deshalb nicht mehr   die für die Leistung der Auftrag-  wenn die Höhe der Vertragsstrafe
            einhalten,  weil  die  Auftragge-  nehmerin  nach  dem  Kalender    auf 0,2 Prozent je Kalendertag
            berin die Nachtragsleistungen,    bestimmte Zeit entfallen, so hätte   und der Gesamtbetrag auf fünf
            die  die  Auftragnehmerin  ihr    es, um einen für die Verwirkung   Prozent der Bruttoauftragssum-
            schriftlich angeboten hatte, erst   der Vertragsstrafe erforderlichen   me  einschließlich  Nachträgen
            drei Wochen später dem Grunde     Verzug zu begründen, unabhän-     begrenzt ist. (zs.)
            nach und sogar erst vier Wochen   gig von der Dauer der Verlän-
            später der Höhe der Vergütung     gerung des Leistungszeitraums
            nach beauftragt hat. Der Auftrag-  jedenfalls einer Mahnung be-
            geberin müsse aber klar gewesen   durft. Eine solche Mahnung mit




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